Jetzt als Podcast anhören:
Gemälde: Waltraud Gossel
Generationen von linken Politikern, Intellektuellen und Künstlern leben im Westen von der Verharmlosung ihrer eigenen dunklen Hinter- und Untergründe. Sie verachten die bürgerliche Demokratie und verfluchen den Kapitalismus. Und leben nicht schlecht davon. Nicht nur der Geist der woken Klima- und Genderbewegten ist damit infiziert.
Ich teile den Zorn der Schriftstellerin Monika Maron, wenn Sie in ihrem Essay: „Man kann die Demokratie nicht verteidigen, indem man am Rechtsstaat rüttelt“, sagt: „Eigentlich bin ich inzwischen daran gewöhnt, beim morgendlichen Zeitunglesen kurz die Fassung zu verlieren und verzweifelt nach einer Antwort auf die Frage zu suchen: Warum machen die das? Warum jagen sie die Leute mit diesem Heizungsgesetz auf die Barrikade? Warum sägen sie am Fundament der deutschen Sprache, obwohl drei Viertel der Menschen das nicht wollen? Warum lassen sie Hunderttausende Migranten ins Land, obwohl schon jetzt die Landräte verzweifeln, weil Wohnungen, Schulen und Kindergärten fehlen? Warum schmeißen sie so lange mit dem Wort Nazi um sich, bis sich niemand mehr davon getroffen fühlt?“ (DIE WELT, 20.02.2024, Seite 7)
Mein Urteil fällt deutlicher aus: Der inflationäre Gebrauch des Nazivorwurfes in vielen Varianten (...braunes Gesocks, ...wir sind bunt, nicht braun... ...ekelhAfD...) führt nicht zur Abstumpfung, sondern dazu, dass immer mehr Menschen sich vor dieser Entmenschung in Sicherheit bringen wollen. Und sei es durch Unterwerfung. Man könnte das als Stockholm-Syndrom beschreiben. Bei den Massendemonstrationen ‚gegen rechts‘ laufen Menschen mit, die gegen sich selbst demonstrieren. Sie wissen das. Aber nicht mitlaufen? Puuh...
Jan Böhmermann hat kürzlich die Sendung „ZDF Magazin Royale“ mit diesem freundlichen Gruß beendet: „Liebe 3sat-Zuschauerinnen, bitte nicht vergessen, nicht immer die Nazi-Keule rausholen, sondern vielleicht einfach mal ein paar Nazis keulen. Tschüss, bis nächste Woche.“ „Worauf ein kräftiges Gelächter erklang – aus dem Studiopublikum oder eingespielt vom Band oder einer Mischung aus beidem.“ (Zitiert nach Henryk M. Broder: Das verräterische Nazi-Verständnis von Jan Böhmermann. DIE WELT, 20.02.2024, Seite 7)
Falls Böhmermann und seine Strippenzieher überhaupt kritisiert werden, verteidigen sie sich grinsend mit dem Hinweis, das sei natürlich satirisch gemeint. Zu Recht sagt Henryk M. Broder in seinem Beitrag dazu: „...Und Satire dürfe bekanntlich alles. Das wäre eine vertretbare Position, nur würde sie dazu führen, dass auch ‚Der Stürmer‘ rückwirkend als Satiremagazin anerkannt werden müsste.“
Wer Böhmermann beobachtet, sieht, wie es ihn erregt, Menschen zu kränken. Damit tritt ein typisches emotionales Muster stalinoider und faschistoider Persönlichkeit hervor: Lust am Demütigen. Das damit interagierende kognitive Muster ist die Dummheit. (1) Dies ist die mentale Grundlage der Totalitären. Böhmermann ist ein Repräsentant dieser Verwahrlosung.
Nazis keulen? Ich wünsche ihm nicht, dass sich seine eigenen Flüche an ihm erfüllen. Aber ich wünsche uns, es gelänge, das Übel zu überwinden, solche Leute mit unseren ÖRR-Zwangsgebühren honorieren zu müssen. Böhmermanns Jahreshonorar: ca. 700 000 €.
Böhmermann betreibt die Entmenschung Andersdenkender nicht auf eigene Rechnung. Ohne Rückhalt in der Redaktion, den Main-Stream-Medien und einer linksopportunistischen Politik, würde diese grinsende Sprechpuppe solche Ungeheuerlichkeiten niemals wagen.
- Siehe dazu: Dummheit. In: Hans-Peter Schwöbel: Macht kritisch. Essays. Poesie. Analysen. Gerhard Hess Verlag 2023. Seite 157 ff.
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 09. März 2024
