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Foto: Hans-Peter Schwöbel
Kind und Künder der Aufklärung
Ich verstehe mich als Kind und Künder der Aufklärung. Wobei mein Umgang mit den Errungenschaften der Aufklärung ebenfalls kritisch ist. Ich bin ein systemischer Denker. Für mich gibt es kein Absolutum, sondern nur komplexe Dynamiken innerhalb deren wir wahrheits- und irrtumsfähig sind.
Es gibt die Wahrheit im Sinne der Übereinstimmung von Aussage und Realität. Wir müssen sie aussprechen und dürfen sie verteidigen, müssen aber Widerspruch immer zulassen und ermutigen. Letzte Instanz für Demokratie und Wissenschaft ist die weiterhin offene Debatte; denn auch die Realität ist nicht statisch.
Der Relativierung von Wahrheit, wie sie viele aktuelle Debatten bestimmt, kann ich mich nicht anschließen. Hier finden Sie einen Hinweis auf mein Populismus-Konzept: Wichtige Auseinandersetzungen um Fragen wie Klima, Migration, Islam, Corona, biotisches und grammatikalisches Geschlecht, kulturelle Distanz und Differenz, Achtung vor Andersdenkenden, um nur einige zu nennen, werden nicht auf der Suche nach Wahrheit, sondern im Buhlen um Anerkennung und um Ausübung von Macht geführt: Populismus. Und dieses Mal weit überwiegend von links.
Man mag sagen, das war schon immer so. Durchaus, aber mit sehr unterschiedlicher Intensität. Seit Jahren erleben wir einen Niedergang an demokratischer Toleranz und an Wissenschaftlichkeit unserer Debatten. Die gleichen Leute, die Rechtsstaat, Demokratie, Pluralismus, Emanzipation, Aufklärung und Wissenschaft dekonstruieren, ja niederreißen, fordern „Vielfalt“, empören sich gegen „Verallgemeinerungen“ und verlangen gebieterisch „Follow the Science“. Das ist Populismus.
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 24. Juni 2023