Der Schwöbel-BLOG am Samstag

Gendergerächt

 

Jetzt als Podcast anhören:

Schwoebel.jpg

Hans-Peter Schwöbel

Jede Sprache und jeder Dialekt verfügt über eine unverwechselbare Gestalt, die Wortschatz, Klangschatz, Grammatik, Syntax, Schreibregeln, Lautierungsmuster, Rhythmen und Melodien, Sprecherfahrungen und Sprecherwartungen sowie die komplexen Wechselbeziehungen zwischen all diesen Aspekten umfasst. Auch je eigenes Schweigen, Stammeln, Stottern, Beschleunigen und Verzögern gehören zum Gestaltcharakter einer Sprache. Nicht zu reden von literarischem Schaffen an und mit der Gestalt etwa der Deutschen Sprache, die mir innewohnt, der ich innewohne.

An Sprache zeigt sich, dass Gestalt im Sinne eines umfassenden Grundmusters ein holistisches Phänomen ist: Die Bedeutung des Details erschließt sich vom Ganzen her. Und das Detail lässt das Ganze erkennen. Sprache kann nicht vernünftig beschrieben und analysiert werden, ohne ihre Gestalt als umfassendem Bezugssystem. Natürlich ist die Gestalt einer Sprache nicht starr. Sie wandelt sich täglich. Aber sie ist so stabil, dass sie über Jahrzehnte und Jahrhunderte als dieselbe erkannt und von anderen Sprachen unterschieden werden kann. Sprache ist Heimat.

Sprachgestalt als Kontinuität
Die komplexe Gestalt menschlicher Sprache umfasst die Welten, in denen wir leben: Natur, Psyche, Gesellschaft. Die Natur begabt uns zum Denken, Sprechen und Kommunizieren mit den Mitteln komplexer Sprache. Wir müssen diese auf dem Wege der Kommunikation (Gesellschaft) erlernen, verinnerlichen (Psyche), bewahren und weiterentwickeln durch Denken, Fühlen, Erinnern, Erwarten und Kommunizieren. Sprache erlaubt uns, weit über das Hier und Jetzt hinaus zu denken (Transzendenz).

Im Zweiten Weltkrieg wurden viele Städte in Deutschland und Europa zerstört. Der Wiederaufbau wurde nicht selten als Fortsetzung der Ent-Urbanisierung mit anderen Mitteln „durchgeführt“. Es wurde geschleift, geglättet, planiert und bis zur Unkenntlichkeit uniformiert. An diese Bilder von Dorf und Stadt muss ich denken, wenn ich das eindimensionale, brachiale Vorgehen von Genderaktivisten gegen unsere Mutter Sprache sehe und höre.

Mit Händen ist zu greifen, dass es diesen Leuten an Wissen, analytischer Intelligenz, Verstehen der Gestalt Sprache, an Ästhetik, Poesie und Sprachgefühl fehlt, um auch nur zu ahnen, was sie am kostbaren Gut Deutsche Sprache anrichten. Können wir uns Gedichte, Romane, Theaterstücke und Essays vorstellen, in denen die inkonsequenten Regeln der Gender-Ideologie konsequent eingehalten werden? Können wir uns vorstellen, was es im Lernfeld „Deutsch für Ausländer“ bedeutet, diese Sterilisierung und Versteifung der Deutschen Sprache mitlernen zu müssen?

Der schrille Genderismus ist eine Ausgeburt der Woke-and-Cancel-Culture. Deren Gestalt ist keine emanzipatorische, sondern eine gebieterische. Nicht dem aufrechten Gang gilt die Sehnsucht dieser Ideologen, sondern der Unterwerfung. Ihre Vorgehensweise ist nicht forschend, kritisch, dialogisch prüfend, sondern ausgrenzend, unwissenschaftlich und unpoetisch. Sie produzieren Sprache als bürokratisches Monster, das sie mit den Mitteln medialer, politischer, administrativer und pseudo-wissenschaftlicher Dominanz durchsetzen wollen. Ihnen fehlt es an Achtung vor der Deutschen Sprache und vor den Menschen, die diese lieben, genießen und täglich Wunderbares mit ihr vollbringen. Unter den vielen Widersprüchen ihrer Ideologie erzeugen sie auch diesen: Das Deutsche Volk ist weitgehend abgeschafft, die Zunft der Volks-Erzieher aber trumpft auf. Beides sollten wir nicht zulassen.

 

Dr. Hans-Peter Schwöbel ist Professor i.R. für Sozialwissenschaften an der Hochschule für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Bundeswehrverwaltung in Mannheim-Neuostheim. Er bietet Kabarett, Schauspiel, Satire, Poesie und Kurpfälzer Dialekt auf der Bühne. Schwöbel ist Autor zahlreicher sozialwissenschaftlicher und belletristischer Publikationen. Wichtigste Auszeichnungen: Mannheimer Bloomaul-Orden und Freinsheimer Hermann-Sinsheimer-Plakette.

Diesen Essay finden Sie in HENNEexquisit. Das Magazin für die Metropolregion Rhein-Neckar. Mai 2023. Seite 84.

Es handelt sich dabei um eine Kurzfassung meines Essays GESTALT UND SPRACHE in: Hans-Peter Schwöbel: Macht kritisch. Essays. Poesie. Analysen. Seite 98 ff. Gerhard Hess Verlag. 88427 Bad Schussenried 2023. 195 Seiten.   19.00 €.

 HENNEexquisit.jpg

Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 20. Mai 2023

Mein neues Buch

Wort. Bild. Poesie. Fotografie und Dichtung

Wort. Bild. Poesie. Fotografie und Dichtung
Waldkirch Verlag

https://www.verlag-waldkirch.de/
80 Seiten. 19,00 €

Macht kritisch

Machtkritisch

Macht kritisch
Essays. Poesie. Analysen.

Hans-Peter Schwöbel
Taschenbuch
196 Seiten. 19,00 €
ISBN 978-3-87336-766-1

Schwöbel überrascht durch die Freisetzung der in der Sprache verborgenen Kernenergie.
DIE ZEIT

www.gerhard-hess-verlag.de

Dem Meer an der Küste gleich

Das Buch von Susanna Martinez und Hans-Peter Schwöbel:
Dem Meer an der Küste gleich

FlyerMartinezGedichte1

Das Buch von Susanna Martinez.
Mehr erfahren...

Vom Fleisch der ewigen Vergänglichkeit

Buchvorstellung

Bibliografie von Hans-Peter Schwöbel
Vom Fleisch der ewigen Vergänglichkeit
Essays und Plädoyers 1
2. Auflage. Borgentreich 2021. 160 Seiten, gebunden, Fotos, Lesebändchen. 25,- €

Podcast

coverblock2021
 
  Podcast auf Spotify

 

Mein Podcast Schwöbel´s Woche, der von 2007 bis 2019 veröffentlicht wurde, finden sie unter dem folgenden Link:

Schwöbel’s Woche weiterhören

Newsletter

Schreiben Sie mir gerne, wenn Sie Interesse an meinem wöchentlichen Newsletter
"Der Schwöbel-Blog am Samstag"
haben, an folgende E-Mailadresse:

info@hpschwoebel.com

Fluchtkulturen

Buchvorstellung

Fluchtkulturen
Essays und Plädoyers 2
2. Auflage. Borgentreich 2021. 160 Seiten,
gebunden, Fotos, Lesebändchen. 25,00 €

 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.