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Skulpturen: Hartmut Gossel
Fotos: Hans-Peter Schwöbel
Impressionen und Gedanken zu den Stuhl-Skulpturen von Hartmut Gossel. Kleine Kulturtheorie des Stuhls.
Oben: Eine Reihe von Sitzgelegenheiten zeigt enorme Vielfalt in der Ähnlichkeit. Die Besonderheit des einen Stuhls verweist auf die Unterschiede und Gleichheiten aller anderen Stühle. Wie bei der Zahl Pi sehen wir eine unendliche Folge von Identität und Differenz, die sich ineinander erfüllen.
Oder jene drei Stühlchen, die aus dem Holz wachsen wie aus der Spitze hoher Berge. Wir Menschen sahen und sehen Berggipfel als Sitz der Götter.
Endlos die Vielfalt an Assoziationen, die die kleine Gruppe mit Nagelstühlchen auslöst. Von Klaviersonaten über Throne, Fabrikschornsteine und Abwasserrohre, vom pädagogischen Stuhlkreis über Sitz-Phobien kann Vieles über uns kommen.
Ein Stuhl aus Draht erscheint wie die zitternde Erinnerung eines Sees an jenen Stuhl, der an langen Sommern treu an seinen Ufern stand.
Hohe Kunst
Es gibt eine Fülle von Kriterien im Hinblick auf die Frage, was Kunst sei. Für mich sind zwei besonders wichtig: 1. Ein Bild, eine Skulptur, ein Film, ein Text, eine Musik, eine Speise muss mir ein Fenster in eine Welt öffnen, die ohne dieses Werk nicht existieren würde. Es muss mir etwas zeigen, was ich genau so noch nicht gedacht, empfunden oder erlebt habe. 2. Es muss hand- und kopfwerklich so gelungen sein, dass man es nicht verbessern kann.
Diese Erwartungen erfüllen Hartmut Gossels Skulpturen. Sie sind für mich Beispiele moderner Kunst, die hinter nichts zurückstehen.
Das Künstlerehepaar Waltraud und Hartmut Gossel
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 15.04.2023