Der Schwöbel-BLOG am Samstag

Können wir aus der Geschichte lernen? (Teil 4)

 

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Geschichtsbild 4
Foto: Hans-Peter Schwöbel

Erbsünde Dummheit
Der evangelische Theologe Ernst Käsemann bezeichnet die Dummheit als die Erbsünde (1). Wir können sie durch emanzipatorische Persönlichkeits- und Kulturentwicklung bändigen, das heißt die Wahrscheinlichkeit und Wucht ihres Auftretens verringern. Hierin besteht zivilisatorischer Fortschritt von Kulturen und Wachsen von Persönlichkeit. Aber immer nur auf Zeit. Selbst höchste Bildung bietet keine Garantie. Wäre es anders, hätten die Menschen längst ins Paradies der kritischen und gleichermaßen glücklichen Vernunft gefunden.

Jene Ideologien zeitigen die schlimmsten Folgen, die diesseits von Eden den neuen Menschen und die neue Welt erschaffen wollen. Unter jungen Menschen sind solche Hirngespinste wieder virulent. Was Übergriffe gegen Zivilbevölkerung und Sicherheits- und Rettungskräfte in Deutschland angeht (Silvesternacht 22/23 und Lützerath sind nur Beispiele), so bestehen die Probleme nicht darin, dass wir diese Exzesse nicht zu analysieren und zu verstehen vermögen. Starke politische Kräfte wollen das gar nicht.

Kritische Analyse fehlgeleiteter Migrations-, Klima- und Energiepolitik soll im Interesse des politisch-medialen Komplexes verhindert werden – um jeden Preis: Lernen als Lernblockade und als Verlernen. Beispiel Ahrtal: Die All-Erklärung „Klimawandel“ schützt Entscheider, Versäumer und Missversteher vor der offenen Debatte um ihre schweren Fehler. In der Nach-Corona-Debatte erleben wir das Nämliche. Macht strebt zuerst nach ihrem eigenen Erhalt. Dies birgt eine starke Tendenz zum Unfrieden bis zum Krieg.

„Wenn ihr streitet – so fängt Krieg an!“

Einmal hörte ich einen Geistlichen in einer Predigt sagen: „Wenn Kinder in der Schule mich fragen, wie kann es zum Krieg kommen, sage ich ihnen immer: Wenn ihr streitet – so fängt Krieg an!“

Irrsinn. Es ist verantwortungslos, Kindern auf diese Weise Schuldgefühle einzuflößen. Und es ist in dieser dogmatischen Formulierung falsch. Fast ist das Gegenteil wahr: Wo Menschen nicht streiten können, wächst die Gefahr gewalttätigen Furors. In erzwungener Ruhe brodelt Wut. Dies begriffen zu haben, ist Grundlage zivilisatorischer Errungenschaften wie Demokratie und Rechtsstaat. Genau hierin besteht die Überlegenheit demokratischer gegenüber monolithischen Systemen. Wehe, wenn wir diesen Lerngewinn verspielen, lernend verlernen.

Es geht nicht darum, nicht zu streiten, sondern Streit zivilisiert auszutragen. Der Grundzustand komplexer Gesellschaften ist nicht Konsens, sondern Dissens. Die manische Beschwörung „gemeinsam-zusammen-miteinander“ stärkt nicht die Einheit der Menschen. Sie schafft Hierarchien moralistischer Vorherrschaft. Sie ist gegen unsere demokratische, pluralistische Gesellschaft gerichtet. Sie spaltet. Genau dies ist beabsichtigt.

Karl Popper sagt: „Lasst Theorien sterben, nicht Menschen!“ Theorien sind Versuche, die Welt zu verstehen. Wir haben das Recht und die Pflicht, unsere Sicht auf die Realität kundzutun und im freien Austausch zu prüfen, anzunehmen, zu kritisieren oder zu verwerfen. Meinungsfreiheit ist unverzichtbare Basis von Demokratie und Wissenschaft. Für beide gilt: Es gibt nur eine letzte Instanz – die weiterhin offene Debatte.

Können wir durch aufmerksame Begegnung mit der Geschichte klüger werden? Bessere Menschen werden? Unsere Kultur emanzipatorisch entwickeln?

JA.

(1) Siehe Dummheit. In Hans-Peter Schwöbel: Macht kritisch. Essays. Poesie. Analysen. GHV. 88427 Bad Schussenried 2023. Seite 157.

 

Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 11.03.2023

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