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Susanna Martinez und Hans-Peter Schwöbel 2022
Serie Ferienjobs: Das Ehepaar Susanna Martinez und Hans-Peter Schwöbel hat sich das Studium selbst finanzieren müssen
Spannende Zeit am Zapfhahn und als Bierfahrer Teil 2
Von Peter W. Ragge
Aber zunächst einmal schleppt er Bierkästen. Seine Frau entdeckt die Anzeige, und so wird Schwöbel Bierfahrer.
Er arbeitet für die „Niederlage“, wie Niederlassungen damals heißen, von der seit 1979 nicht mehr existierenden Bensheimer Brauerei Guntrum Bräu in Wallstadt. „Das Bier kam in riesigen Lastern aus Bensheim, wurde bei uns abgeladen, und dann habe ich es ausgefahren – morgens allein zu Privatleuten, nachmittags mit einem Kollegen und einem größeren Lkw zu Wirtschaften“, erinnert sich Schwöbel. „Bei Privatleuten ging es oft in den dritten oder vierten Stock, das war heftig, ganz viel Schlepperei“, aber es habe immerhin einen Stundenlohn von 4,45 Mark gegeben.
„Niederlage Wallstadt“ steht auf der Tür
des Bierlasters mit Schwöbel am Steuer
Susanna Martinez, damals Gertrud Kramer,
am Zapfhahn
Erst geheiratet, gleich danach geschafft:
Das Ehepaar Schwöbel
Auch Baustellen seien angefahren und die Arbeiter mit Bier beliefert worden. Ein Zuwanderer aus dem Osten habe ihn, wenn er ihm die Kästen brachte, stets auf eine landestypische Senfgurke eingeladen. „Dann haben wir zusammen ein Bier getrunken“, so Schwöbel. Und nicht nur da: „Wenn ich heute daran denke, was wir getrunken haben, wenn wir Bier ausgefahren haben, bekomme ich Gänsehaut – das war damals üblich, aber heute undenkbar“, bekräftigt er.
Nicht nur als Bierfahrer muss er kräftig zulangen. Schwöbel arbeitet als Autoschlosser und als Bauschlosser, wobei ihm sein Gesellenbrief zugutekommt. „Das ist beim Stundenlohn angerechnet worden, das fand ich gut“, freut er sich noch heute.
Ein anderer Nebenjob sei dagegen „ganz schlecht bezahlt“ gewesen, habe aber viel Spaß gemacht: die Tätigkeit als Statist am Nationaltheater. Schwöbel ist in mehreren Stücken tätig, muss oft schweigend agieren, mal einen Leuchter auf die Bühne tragen. Das Besondere sei aber gewesen, dass Statisten für jedes gesprochene Wort extra bezahlt worden seien, mit 50 Pfennigen. „Nicht schuldig, Euer Ehren“ – dieser Satz habe immerhin zwei Mark gebracht. Aber unter dem Strich sei der Verdienst doch arg gering gewesen, „deswegen habe ich mal eine Rebellion von uns Statisten angeführt“, erzählt er schmunzelnd, aber der damalige Intendant Ernst Dietz (1963 bis 1972 im Amt) sei darauf eingegangen. „Er war wie ein Halbgott, aber ein bisschen mehr haben wir bekommen, ich glaube 1,50 Mark pro Abend“, sagt er schmunzelnd.
Gegen Ende seines Studiums, als seine Frau schon als Lehrerin arbeitet und er noch an der Universität ist, ändern sich dann Schwöbels Tätigkeiten. Bis etwa 1972 ist er als Bierfahrer unterwegs, danach auf Burg Liebenzell oder anderen bekannten Bildungsstätten. Der Sozialwissenschaftler arbeitet nun in der Jugend- und Erwachsenenbildung, für die Jugendförderung der Stadt Mannheim oder für andere Bildungsträger, bereitet inhaltlich Studienreisen nach Ost-Berlin oder zum KZ Auschwitz vor – „eine spannende, eine prägende Zeit“, wie er sagt, und eine gute Vorbereitung auf seine Arbeit als Professor. Aber auch Bierfahrer zu sein, habe ihm Spaß gemacht, betont Schwöbel, und sei eine wichtige Erfahrung.
MANNHEIMER MORGEN
Mittwoch, 28. September 2022
Von Peter W. Ragge
(Siehe auch Der Schwöbel-BLOG am Samstag vom 08. Oktober 2022)
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 15. Oktober 2022