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Chefreporter Peter W. Ragge hat in der MM-Sommerserie „Ferienjobs“ einen feinen Artikel über Susanna und mich veröffentlicht, nämlich wie wir als junge Menschen über Jahre unsere Schule, unsere Studien und unser Leben finanziert haben. Gerne möchten wir unsere Leserinnen und Leser, unsere Freunde und Begleiter teilhaben lassen an dieser Geschichte. Wegen der Länge des Textes werde ich ihn in zwei Teilen in meinen Der Schwöbel-BLOG am Samstag stellen.
MANNHEIMER MORGEN
Mittwoch, 28. September 2022
Spannende Zeit am Zapfhahn und als Bierfahrer 1
Serie Ferienjobs: Das Ehepaar Susanna Martinez und Hans-Peter Schwöbel hat sich das Studium selbst finanzieren müssen
Hans-Peter Schwöbel als Bierfahrer in den 1960er Jahren.
Von Peter W. Ragge
Es muss eine harte, sehr harte Zeit für sie gewesen sein, für beide. Und doch sprechen heute Hans-Peter Schwöbel und seine Frau, die Lehrerin und Schriftstellerin Susanna Martinez, mit bemerkenswerter Leichtigkeit, ja sogar Begeisterung von jenen schweren Jahren, als sie ihr Studium mit Ferienjobs finanzierten. „Wobei das kein Ferienjob als Zubrot war, sondern unsere Basis für das Überleben“, stellt der als Sozialwissenschaftler, Kabarettist und Schriftsteller bekannte Träger des Bloomaulordens klar.
„Amsterdam“ heißt damals jene Gaststätte am Speckweg, in der Susanna Martinez am Tresen steht, um ihr Pädagogikstudium zu finanzieren. Sogar am Tag ihrer Hochzeit mit Hans-Peter Schwöbel, Freitag, 13. Oktober 1967, arbeitet sie abends dort – weil ein anderes Brautpaar feiert. „Der Hochzeitstag war halt ein Schafftag“, sagt sie achselzuckend.
Seit 1962 ist sie mit Schwöbel, der schon ihr Klassenkamerad in der Waldschule war, verbunden. Sie sassen in der Freilichtbühne beim historischen Ritterspiel Heinrich von Kleists „Das Käthchen von Heilbronn“ nebeneinander, tranken aus einer Flasche – und es wurde mehr daraus. „Von Beginn an stand uns der Wind in den Mühen der Ebenen stramm entgegen“, blickt Schwöbel mit poetische Worten zurück. Seine Eltern können und wollen ihn nicht unterstützen, ebenso ist es bei seiner Frau. „Wir finanzierten Schule und Studium mit eigener Hände und Köpfe Arbeit“, betont er.
Susanna Martinez, die damals noch Gertrud Kramer heißt und erst später den zweiten Vornamen ihrer Großmutter und den Familiennamen ihres puerto-ricanischen Vaters Ismael Martinez annimmt, ist nicht nur Bedienung im „Amsterdam“. „Ich stand auch in der Küche, habe geputzt und oft mal den Schlüssel vom Wirt, der im Haus wohnte, geholt und alleine aufgemacht“, erinnert sie sich. Es ist die Zeit, als noch viel geraucht wird in Gaststätten. Sie muss Kippen entsorgen, Getränke einschenken und Essen bringen. „Manchmal waren die Gäste ungeduldig, aber es gab oft auch schönes Trinkgeld“, so Martinez.
„Bestimmt drei Jahre oder mehr“ sei sie im „Amsterdam“ tätig gewesen, oft jeden Abend. Aber nicht nur dort hat sie parallel zum Studium an der Pädagogischen Hochschule gearbeitet. Als „Laufmädchen“, wie man Büro-Hilfskräfte damals nennt, ist sie bei BBC (heute ABB) bei der Aktenablage, bei der Konsumgenossenschaft macht sie Rechnungskontrolle und bei Bopp & Reuther tippt die angehende Grund- und Hauptschullehrerin Korrespondenz – sogar in Englisch.
Hans Peter Schwöbel auf einer Spritztour durch die Stadt.
In Englisch und Französisch gibt sie zudem Nachhilfe, Hans-Peter Schwöbel Deutsch und Rechnen für Grundschüler. „Zeitweise hatten wir zusammen 20 Nachhilfeschüler“, weiß er noch. „Aber es waren wertvolle Erfahrungen, ich habe davon später immer profitiert“, sagt sie, die von 1969 bis zur Pensionierung 2010 als Grund- und Hauptschullehrerin unterrichtet und sehr viel Wert darauf legt, intensiv auf Kinder aus schwierigen Verhältnissen einzugehen, sie fit fürs Leben zu machen.
Auch für ihren Mann ist Susanna Martinez, wie er offen sagt, wichtige Stütze, die ihn oft inspiriert, berät und ermutigt. Das gilt heute für seine Tätigkeit als Schriftsteller und Kabarettist, der für Mundart und Sketche ebenso bekannt ist wie für Essays, Predigten und wissenschaftliche Vorträge. Aber so wie sie sich ihr Lehramtsstudium hat selbst verdienen müssen, so gilt das auch für den in Buchen geborenen Kraftfahrzeugmechaniker, der erst auf dem Zweiten Bildungsweg Mittlere Reife, Abitur und dann das Studium der Sozialwissenschaften schafft – bis hin zu Promotion und Professorentitel.
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 08. Oktober 2022