Jetzt als Podcast anhören:
Imad Karim
Der Philosoph, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick (1921 – 2007) sagt: „Nicht Kommunizieren können wir nicht.“ Ich stimme dem zu. Selbst wenn wir uns voneinander abwenden, ist dies ein kommunikativer Akt und besonders eindrücklich können wir mit Schweigen kommunizieren. Auch der Eremit in der Wüste kommuniziert mit der Natur, mit Gott oder in einem inneren Dialog mit sich selbst: Er verschlüsselt Bedeutungen in Zeichen und sendet diese. Er empfängt Zeichen und entschlüsselt deren Bedeutung, um sie zu verstehen. Er kommuniziert.
Ich greife das Watzlawick-Diktum auf und übertrage es auf diese Einsicht: Nicht Framen können wir nicht. Indem wir unseren Blick auf einen bestimmten Sachverhalt richten, tritt anderes (zumindest vorläufig) zurück. Zum Prozess der Kommunikation gehört das Ein- und Ausrahmen. Framen ist originärer Aspekt von Kommunikation.
Wenn ich in meinen BLOGs Framing häufig kritisiere, dann nicht den Vorgang an sich, dem wir nicht entkommen können, sondern die jeweils konkreten Motive und Stoßrichtungen. Wo geframed wird, um Leser, Hörer und Zuschauer hinters Licht zu führen und paternalistische Macht- und Abhängigkeitsbeziehungen zu etablieren, regt sich bei mir Widerstand.
Schon als Student der Sozialwissenschaften war für mich klar, dass ich meine entsprechenden Erkenntnisse niemals zum Nachteil von Menschen einsetzen werde. Als natürlicher Rahmen meiner Interessen in Forschung und Lehre, meiner Kunst und meiner Publikationen dient mir der universelle Auftrag der Aufklärung, das geschwisterliche Bemühen um den aufrechten Gang und die Achtung als der wichtigsten Grundtugend.
Selbsthilfe gegen verschleierndes, machtgetriebenes Framing verlangt vor allem, eigenständige, vergleichende Wahrnehmung und ein entsprechendes Denken. Meine Mitteilungen sind gedacht als Hilfe zu dieser Selbsthilfe. Diese bedarf einer zunehmend selbständigen Kommunikationsökonomie. Je mehr ich Quellen nutze, die mein Wahrnehmen und Denken anregen, statt meine Vorstellungen nur zu bestätigen, umso mehr Zeit und Freiheit für eigenes Denken entsteht. Dessen ungeachtet, braucht auch gelebte geistige Selbständigkeit Weggefährten, die den immer unvollständigen eigenen Blick von außen weiten und vertiefen.
Heute gilt meine besondere Empfehlung wieder einmal dem bedeutenden Aufklärer und Filmemacher Imad Karim und diesem Link zu einem seiner aktuellen Videos:
https://youtu.be/srrQMwtVDXc
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 03. September 2022