Der Schwöbel-BLOG am Samstag

Wehrfähig!

 

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Schatten über BlauGelb.
Foto: Hans-Peter Schwöbel

Mein Vater misshandelte mich jahrelang schwer bis zu jenem Tag, an dem ich zurückschlug. Ich war wohl 17 Jahre alt, als er in gewohnter Manier mit einem Knüppel (ein schwerer, massiver Spazierstock) auf mich losging. Diesmal waren meine Wut und mein Mut groß genug, ihm in den Arm zu fallen, den Knüppel zu entwinden, und ihm krachend über den Schädel zu ziehen. Lautlos brach er zusammen. Etwa eine Stunde lang stand ich unter dem Eindruck, ihn getötet zu haben.

Die Folgen waren überaus positiv. Nicht mehr ich hatte Angst vor ihm, sondern er vor mir. Endlich war ich frei. Nie mehr wagte er die Hand gegen mich zu erheben oder auch nur laut zu werden. Auch der Rest der Familie war von nun an geschützt, jedenfalls solange ich im Hause war. Dies war eine raue, aber keineswegs die einzige Situation in meinem Leben, in der Gewalt zur Selbstverteidigung emanzipatorische Wirkungen zeitigte.

Vater brüllte tagelang und schlug zu, nicht weil er streng, sondern, weil er krank war. Aus dieser Tatsache ergibt sich aber keineswegs unmittelbar eine Schuldunfähigkeit. Zwar war sein Verhalten krankhaft. Dennoch hätte er in jeder Situation auch anders handeln können. Er hat Schuld auf sich geladen. Das Nämliche gilt für pathogene Gewalttäter auf der geopolitischen Bühne.

Es sei fern von mir, die Gestalt krankhafter familialer Gewalt eins zu eins auf ebensolche geopolitische Gewalt zu übertragen. Es gibt große Unterschiede. Daneben finden sich aber unübersehbare Ähnlichkeiten in der Gestalt pathogener Gewalt. Folgende Einsichten drängen sich mir aus Erfahrung und aufgrund sozialwissenschaftlicher Analyse auf:

Wehrlosigkeit macht Aggressoren scharf

Wehrlosigkeit ist nicht dazu angetan, Aggressoren milde zu stimmen. Im Gegenteil, sie macht Gewalttäter scharf und kann Gewaltorgien auslösen. Die vorgebliche Erziehung zum Frieden in (West-)Deutschland in den letzten 70 Jahren war/ist in Wahrheit Erziehung zur Wehrlosigkeit. Und die wohnt näher am Krieg als am Frieden. Pazifismus habe ich daher immer verachtet. Im Kern handelt es sich dabei um Gutmenschen-Eitelkeit, der ihr moralischer Dünkel wichtiger ist als die Verteidigung der Menschenwürde und der Schutz jener, die sich nicht selbst schützen können.


Stalinoid unterwandert

Die Friedensbewegung in Westdeutschland ist von Anfang an stalinoid unterwandert, ebenso wie bestimmte Parteien, NGOs, Medien, kirchliche Gruppen und die sogenannte „freie“ Kulturszene. Bereitwillig fungieren sie als nützliche Idioten stalinistischer Interessen. Freie Geister verfolgen sie mit Rufmord und der ausgrenzenden Markierung „rechts“. Dies verleiht ihnen Macht und lukrative Alimentation im „Kampf gegen rechts“. Bis zum heutigen Tag.

Die Unfähigkeit Deutschlands, sich selbst zu verteidigen, geschweige denn, anderen zu helfen, ist vor allem Frucht dieser Politik, an der sich Politiker und Politikerinnen in den höchsten Ämtern beteiligen. Bis zum heutigen Tag. Sicher ist sie einer der Gründe, warum wir dem Vergewaltiger der Ukraine, Putin, nicht mit gebotener Festigkeit und Selbstachtung entgegentreten können. Wir haben uns zum Land der Windelweichen entwickelt. Falsch und schamlos ist, dafür auch noch unsere besondere Geschichte zu geltend zu machen.

Hampel-Ko-Lallition

Zutiefst beschämend die Vorgänge im Deutschen Bundestag während und nach der Rede des Ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 17. März 2022. Während die Rede auf einem großen Bildschirm übertragen wurde, wischte auf der Regierunsbank Karl Lauterbach ausgiebig über sein Handy - wie ein ungezogenes Kind, das zeigen muss, dass ihm die Veranstaltung der Erwachsenen sonstwo vorbeigeht.

Kaum auszuhalten, was geschah, als Selenskyjs Rede vorbei war. Hartnäckig bestand die Hampel-Ko-Lallition darauf, zu einer belanglosen Tagesordnung überzugehen. Es wäre eine Beleidigung für einen Kaninchenzüchter-Verein, ihn dafür als Vergleich heranzuzuiehen. Völlig überfordert die Sitzungsleiterin Katrin Göring-Eckardt. Bundeskanzler Olaf Scholz versteckt sich hinter seiner Corona-Maske. Erst jetzt begreife ich voll umfänglich, wozu diese Masken gut sein können. Friedrich Merz wurde seiner Rolle als Oppositionsführer gerecht, der Kanzler der seinigen nicht.

Bystander: Jemand wird schon helfen...

Obwohl die Brüllereien und Schlägereien bei uns Zuhause straßenweit zu hören waren, sind Nachbarn niemals eingeschritten. Sie waren sogar zu feige, am Tag danach uns Kinder zu fragen, ob sie uns helfen können. In der Konflikt- und Courageforschung spricht man von „Bystander-Verhalten“, wenn alle darauf warten, dass ein anderer helfend einschreitet. Niemand half, auch nicht die Polizei. Diese erklärte wortreich ihre „Nichtzuständigkeit“. Dieses Muster erscheint immer wieder auch auf geopolitischer Ebene.

Zu diesem Verhalten passt, dass in Deutschland und (West-)Europa sich die üblichen Bystander jetzt vor allem darüber Gedanken machen, wie sie Putin helfen könnten, ohne Gesichtsverlust aus der „Falle“ herauszufinden, in die er sich manövriert hat (oder durch Agenten des Westens verführt worden ist...?). So wären sie bereit, Putin die Nichtmitgliedschaft der Ukraine in der NATO auf silbernem Tablett zu servieren.

Das bedeutet, die bewundernswert mutige ukrainische Nation in Zukunft dem Schicksal eines Vasallenstaates auszuliefern. Nicht Putin sitzt in der Falle. Wir (West-)Europäer, nicht zuletzt wir Deutsche, sitzen in der Falle selbstverschuldeter Unmündigkeit und Schwäche. So lange uns als Deutscher Nation und Europäischer Völkerfamilie der aufrechte Gang nicht gelingt, können wir uns weder selbst verteidigen noch anderen beistehen.

Natürlich kann in wenigen Wochen nicht nachgeholt werden, was wir über Jahrzehnte an Selbständigkeit, Resilienz und Selbstachtung untergraben haben. Aber anfangen müssen wir. Jetzt.

Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 19. März 2022

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