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Himmel und Korn aufgewühlt. Gemälde: Waltraud Gossel
Nicht Rohstoffe und zentralisierte Macht sind die entscheidenden Wohlstandsfaktoren, sondern das Human-Potential einer Gesellschaft. Schon vor Jahrzehnten habe ich den Begriff Human-Kapital zurückgewiesen. Er wohnt mir zu nahe an dem Wortmonstrum Menschen-Material. Deshalb habe ich das Wort Human-Potential vorgeschlagen. (1) Dies wird dem Möglichkeitswesen Mensch am ehesten gerecht.
Wobei wir uns Human-Potential als komplexe und umfassende Gestalt vorstellen müssen. Es geht nicht nur um technisch-ökonomische Fähigkeiten und Fertigkeiten, vielmehr um Qualitäten, die einen modernen, aufgeklärten Menschen und eine ebensolche Gesellschaft auszeichnen sollten: Fleiß und Bildungswille. Mut, Kritik zu üben und Kritik anzunehmen. Individuelle und kollektive Resilienz. Solidarisierungsvermögen. Selbstachtung und Achtung vor der Würde der Anderen. Starker Freiheits- und Verantwortungswille und die Bereitschaft, Andersdenkende nicht auszugrenzen, sondern zu beschützen – aus Solidarität und aus eigenem Interesse.
Human-Potential
Wenn ich Kulturen zu verstehen suche, gilt mein besonderes Augenmerk dem Human-Potential und wie in den Prozessen der Machtentfaltung und Machtkontrolle damit umgegangen wird. Beispiel Russland: Wenn die dortigen Machteliten sich der Förderung russischer Human-Potentiale widmen würden, statt diese systematisch zu unterdrücken, wäre Russland ein attraktives Land, zu dem seine Nachbarvölker, ebenso wie Menschen in Not, hinstreben würden, statt sich von ihm abzuwenden. Wieso erscheint es uns so selbstverständlich, wie wenig anziehend dieses überaus reiche und große Land mit seinen bemerkenswerten Kulturen auf andere Völker wirkt?
Zu den wichtigsten Human-Potentialen gehören Regierende, die ihrer Pflicht gegenüber dem Volk mit Anstand, Demut und Würde nachkommen und eine ebenso hochkarätige Opposition, die sich dem Volk nicht minder verpflichtet fühlt. Solche Regierung fehlt in Russland und Opposition wird unterdrückt.
Kommen wir zur Besinnung?
Auch westliche Demokratien müssen zur Besinnung kommen. In diesen Ländern treiben stalinoide Macht- und Anpassungskampagnen böse Blüten: Woke-and-Cancle-Culture, „Antifa“, feministische Gender- und Queer-Herrschsucht. Kinderkreuzzüge, die nicht kritisiert, also nicht ernstgenommen werden. Ausgrenzung Andersdenkender. Infantilisierung aller Bezüge und Beziehungen. Verachtung und Aushöhlung abendländischer Kulturen.
Die großen Entnazifikatoren
Putins Vorhaben, Ukraine zu „entnazifizieren“ ist auch ein Wink mit dem Zaunpfahl an die „Antifa“ im Westen, besonders in Deutschland. Der Kreml als NGO im „Kampf gegen rechts“? Wladimir Wladimirowitsch Putin auf Tournee mit jenem Schreihals, der in die Mikrofone brüllt, dass die Lautsprecher klirren: „Keinen Millimeter nach rechts!!! Keinen einzigen Millimeter nach rechts!!!“ Das hat doch was, oder?
Die Ukrainische Nation ist!
Ich verneige mich vor den Frauen und Männern in Ukraine. Sie verteidigen ihr Land, ihre Städte, ihre Dörfer und ihre Familien. Dabei werden sie auch getragen von klassischen männlich-weiblichen Rollenmustern. Diese beschämen ihre je besondere und gemeinsame Würde nicht – im Gegenteil. Sie stärken die Menschen und festigen ihre Widerstandskraft. Vielleicht trägt der Angriff des stalinistisch-kapitalistischen Despoten Putin auf Ukraine dazu bei, dass auch wir wieder lernen, Wichtiges von Läppischem zu unterscheiden.
(1) Siehe: Es gibt keine ökonomischere Ökonomie als eine ökologische. Argumente zur Überwindung eines Scheinwiderspruchs. In Hans-Peter Schwöbel: Kinder des Wortes. Essays. Mannheim 2009. Seite 56 ff. Ebenso: Humanpotential. Ökologie und Ökonomie. In Hans-Peter Schwöbel: Vom Fleisch der ewigen Vergänglichkeit. Essays und Plädoyers. Borgentreich-Bühne. 2. Auflage 2021. Seite 75 ff.
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 12. März 2022