Der Schwöbel-BLOG am Samstag

Auf vier Hügeln

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Sie erinnern sich an Kaiser Haile Selassie (1892 – 1975) von Äthiopien. Seit Jahrzehnten lebt sein Großneffe Prinz Dr. Asfa-Wossen Asserate in Deutschland: Unternehmensberater, Buchautor und politisch-gesellschaftlicher Analytiker. Ich lese seine Publikationen und Interviews und schätze seinen klaren Geist.

 

Die Neue Züricher Zeitung führte Anfang Juli ein umfangreiches Gespräch mit ihm. (NZZ Internet 09.07.2020, 05.30 Uhr), aus dem ich Auszüge zitieren möchte.

„NZZ: Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat der deutschen Polizei latenten Rassismus vorgeworfen...

Asserate: Das war maßlos. Als Afrikaner sage ich Ihnen: Die meisten afrikanischen Länder wären froh und dankbar, wenn sie die deutsche Polizei hätten.

NZZ: Wie möchten Sie selbst genannt werden: Person of Color? Afrodeutscher?

Asserate: Ich bin ein Deutscher. Meine Heimat ist Deutschland, und mein Vaterland ist Äthiopien. Diese Diskussion über richtige und falsche Begriffe ist hochneurotisch.

NZZ: Was sagen Sie zu Ausländern und Deutschen mit Migrationshintergrund, die dieses Land verachten und diejenigen, die schon länger hier leben, «Kartoffeln» und «Schweinefleischfresser» nennen?

Asserate: Wer so etwas sagt, für den habe ich auch nur Verachtung übrig. Wissen Sie, wie Integration gelingt? Indem wir die Fehler von 2015 nicht wiederholen. Jeden, der ins Land kommt, müssen wir vom ersten Tag an belehren: Ihr seid willkommen, aber nur unter folgenden Bedingungen. Erstens, wir sind ein demokratischer Staat, in dem Männer und Frauen gleiche Rechte haben. Zweitens, wir haben Meinungs- und vor allem Religionsfreiheit. Drittens, dieses Land ist jüdisch-christlich geprägt; Antisemitismus steht bei uns unter Strafe. Viertens, gebt euch Mühe, unsere Sitten und Bräuche kennenzulernen. Fünftens, lernt unsere Sprache...

NZZ: Ihre Belehrungen klingen für deutsche Verhältnisse recht forsch.

Asserate: Wissen Sie, ich bin aufgewachsen mit den Worten des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. Der hat mal auf die Frage nach den Grundlagen des Abendlandes von den drei Hügeln gesprochen, auf denen dieses stehe: Akropolis, Kapitol und Golgota. Griechische Philosophie, römisches Recht und christlicher Glaube. Das sind die Fundamente, auf der unsere Zivilisation begründet ist. Ich würde als viertes Element noch die Aufklärung hinzufügen.

NZZ: Wo steht dieser Hügel?

Asserate: In Königsberg.

NZZ: Kant gilt inzwischen auch als belastet.

Asserate: Ich weiss, der arme Kerl. Er hätte sich seine Volkskunde sparen sollen: Der schwarze Mann kommt nicht als schwarzer Mann auf die Welt, sondern als Weisser, und im Laufe seines Lebens fängt es dann mit dem rechten Zeh an . . . (lacht). So einen Quatsch kann nur ein Weisser schreiben, der nie einen Schwarzen gesehen hat.

NZZ: Sie bleiben trotzdem Kantianer?

Asserate: Selbstverständlich. Der kategorische Imperativ ist die Grundlage für alles Vernünftige. Handle so, dass die Maxime deines Handelns das allgemeine Gesetz sein könnte.

NZZ: Fühlen Sie sich eigentlich wohl in Deutschland?

Asserate: Sehr. Ich muss allerdings eingestehen, dass meine Situation eine besondere ist. Ich bin ein Mensch, der nie unter Rassismus gelitten hat...“

Soweit Auszüge aus dem NZZ-Gespräch mit Dr. Asfa-Wossen Asserate. Seine Einlassungen sind vernünftig. Allerdings würde ich die Aufklärung nicht „noch hinzufügen...“, wie Asserate formuliert. Vielmehr ist sie der entscheidende geistige Prozess, der Jerusalem, Athen und Rom uns Heutigen erst produktiv erschließt, also aufhebt im Hegelschen Sinne: bewahrt und überwindet.

Dass Asserates sehr maßvolle Anforderungen an Menschen, die in dieses Land kommen, „...für deutsche Verhältnisse recht forsch klingen...“, wie die NZZ sagt, verweist auf die neurotischen Angriffe, die seit Jahren auf einfache Wahrheiten in Deutschland geführt werden. Wenn es eines schwarzen Deutschen bedarf, um Aufklärung und Vernunft das Wort zu geben, ohne als Hetzer, Rechter, Menschenfeind und Rassist niedergebrüllt zu werden, tobt längst ein Rassismus, der sich gegen uns Deutsche richtet. Auch dass Asserate sich fast dafür entschuldigt, nie unter Rassismus gelitten zu haben, spricht Bände. Irgend etwas muss er in dem halben Jahrhundert, das er bei uns ist, falsch gemacht haben - oder richtig...

Prinz Dr. Asfa-Wossen Asserate begegnet dem Land, Deutschland, das ihm dieses Leben ermöglicht, mit Dankbarkeit. Dafür bin ich ihm wiederum dankbar. Und: Denen, die uns verleumden, müssen wir selbstbewusst entgegentreten mit der Liebe zu unserem Land, Stolz auf unsere Kultur und Aufrechtem Gang.


Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 18. Juli 2020

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