Der apostolische Segen des Papstes entstand im 13. Jahrhundert - ein frühes Omen von Globalisierung. Der lateinischen Wurzel entwachsen das Eigenschaftswort ‚urban‘ (städtisch, stadtgemäß) und ‚Urbanität‘ (Städtischkeit). Die deutschen Begriffe treffen nur ungefähr, was mit urban und Urbanität gemeint ist. Deshalb ist in diesem Falle das Fremdwort sinnvoll; denn urban bedeutet nicht städtisch, etwa im Gegensatz zu privat oder zu dörflich. Vielmehr verbinden sich damit eine Fülle von Qualitätsansprüchen, die sich nicht einfach aus einer großen Einwohnerzahl ergeben. Es gibt Riesenstädte, denen Urbanität fehlt, und kleine Städte, ja auch Dörfer, die ein hohes Maß an Urbanität aufweisen. Zu den Erfolgen Deutschlands in den letzten siebzig Jahren gehört die Annäherung von Lebensqualitäten durch Urbanisierung von Städten und ländlichen Räumen gleichermaßen.
Urbanität ist Zustand aber immer auch Entwicklungsziel mit besonders folgenden Aspekten: Anspruchsvolle Baukultur und Stadtgestaltung; leistungsfähige Infrastrukturen und Kommunikationssysteme (Schriftkulturen); Handel, Industrie, Wissenschaft und Kunst. Hohe Planungs- und Verwaltungskompetenz. Tendenzen zu einer Vielfalt von Milieus mit urbanem Bürgergeist und ausgeprägter Zivilgesellschaft. Sicherheit und Freiheit sind keine Gegensätze im urbanen Raum, sondern wachsen gemeinsam oder verkümmern gemeinsam; im letzten Falle erleben wir Verlust an Urbanität. Diese Muster entfalten sich schon in den Städten der Antike, häufig mit Ansätzen zu demokratischen Entscheidungsprozessen und Verwaltungssystemen.
Jemand hat einmal gesagt: Die Stadt ist das größte Gesamtkunstwerk, das der Mensch geschaffen hat. Wo Urbanität gelingt, wächst ein spezifischer Bürgerstolz, der gerne verkündet: ich bin Mannheimer..., ich bin New Yorker..., „...ich bin ein Berliner...“. Wenn Produktions- und Infrastrukturen verlottern, Bildungssysteme stagnieren, Kunst und geistige Produktivität darben, die Benutzer des öffentlichen Raums diesen mit Geringschätzung behandeln, ist dieses Gemeinwesen vielleicht weiterhin eine Stadt, deren Urbanität aber leidet. Mehr denn je gehört heute zu urbaner Zivilisation umfassende ökologische Achtsamkeit. Bewohner eines urbanen Gemeinwesens und ihre Gäste sind aufgefordert, den öffentlichen Raum nicht zu verdrecken, sondern ihn höflich und aufmerksam zu behandeln und dazu beizutragen, die Stadt tief zu durchgrünen. (Fortsetzung folgt)
WOCHENBLATT Mannheim
28. Juni 2018