Komm, holder Frühling!

Komm, holder Frühling, sei Du unser Gast, nimm Platz in dem Licht, das Du uns bescheret hast. Amen. (Glauben heißt, sich sehnen) Des Johr hodda uns schier närrisch gemacht, de Friehling.

Weil er nädd kumme is. Nädd, dass de Winda in Monnem arg winderlisch gewese wär. Wonn’s ä bissl Schnee gewwe hodd, issa glei widda gschmolze. Bloß vum Hiegugge. Vielleischt wera ligge gebliwwe, wom-ma weg geguggt hädde? So long de Winda nädd rischdisch doo war, awwa aa nädd rischdisch fort, hodd Monscha än Hals gschoowe: „Friehling, wonn jetz nädd ball kummsch, konnsch was erleewe, heer!“

Der Frühling weiß nicht, was längst Anspruch ist: „Alles für Alle! Immer! Überall! Subito!“ Nicht wir wollen Probleme mit Mitteln der Politik lösen. Die Politik muss „lie-fern“! So auch das Wetter. Ein Wochenende ohne Grillwetter? Kalte Ostern? Eine Unverschämtheit! Do soll ä Dunnawedda noifahre! Fär was hawwen mir... ach steig ma doch de Buggl nuff! Flott verwandeln wir uns in eine Gesellschaft von Lieferan-ten und Belieferten. Gelieferten.

Jetz issa doo, de Friehling. Das Grün kann nicht weit weg gewesen sein. Es hatte sich nur für eine Weile verborgen. Innerhalb weniger Tage taucht der Frühling nun das Land in Farbe. Innerhalb weniger Tage? Und nachts? Grünt es auch nachts so grün, wenn Deutschlands Blüten blühen? Fast möchte man glauben, jemand, den wir nicht kennen, hat den Frühling eingeschaltet, wie das Licht im Zimmer, den Fernseher, das Handy. (Quatsch, das Handy ist doch immer an!) Richtig frohlocken kann man über den springenden Frühling nicht. Mit dem Klimawandel werden die Übergänge zwischen den Jahreszeiten schroffer. Das muss nichts Gutes heißen.

Der Frühling ist unser Gast. Sind wir ihm gute Gastgeber? Ich glaube nicht; denn der Frühling liebt Vielfalt, wie auch seine Brüder, der Sommer, der Herbst und der Winter. Seit Jahren loben wir gebetsmühlenartig die Vielfalt, und genau dort, wo wir sie zum Überleben brauchen, vernachlässigen, ja bekämpfen wir sie: In unseren Landschaften, Parks, Friedhöfen, Haus- und Schrebergärten, an den Ufern von Seen, Bächen, Flüssen und Strömen. Jeder, ob Landwirt, Gärtner, Haus- und Hob-bygärtner, ja selbst der frohe Besitzer eines Balkons, kann dazu beitragen, die pflanzliche Vielfalt zu stärken zum Nutzen der massiv gefährdeten Insekten, Vögel und vielen anderen Tiere. Aber auch hier gilt: Vielfalt ist kein Wert an sich. Wir müs-sen auf Qualität achten und darauf, was Bienen, Hummeln, anderen Insekten und Spinnen, was Vögeln und Kleintieren (Igel, Eidechsen...) gut tut - damit die wiede-rum uns, unserer Stadt und unserem Land guttun können.

 

WOCHENBLATT Mannheim

19. April 2018

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