Der bekannteste Garten der Welt ist wohl der Garten Eden, das Paradies. Der mythische Garten in der Geschichte des Menschen, Urbild aller Gärten. Ob es ihn je als Stück Land gegeben hat, ist nicht wichtig. Er ist lebendig bis zum heutigen Tag als Erinnerung, Idee, Wunschtraum und Erlösungsort. Auch in anderen Kulturen stellen sich Menschen das Paradies, den Zustand umfassenden Glücks, als Garten vor. Er ist die innigste Verbindung zwischen Natur und Kultur, zwischen Schöpfung und Zivilisation. Im Garten webt die Natur, wächst, blüht, trägt Früchte und schenkt Schönheit. Er ist nicht Wildnis, sondern geprägt von den Planungs- und Gestaltungsbedürfnissen der Menschen. Unsere vormenschlichen Ahnen waren Teil der Natur. Je mehr sich aber bestimmte Gruppen lernend und denkend aus dem Tierreich emanzipierten und Mensch wurden, umso stärker wirkte der Gestaltungswille dieser neuen Art. Dabei wuchs mächtig unser Vermögen, gleichermaßen Segen zu stiften und Schaden anzurichten. Der Garten und sein großer Bruder, der Park, gehören zu den zivilisatorischen Errungenschaften, die uns besonders gelungen sind.
Deshalb ist es auch kein Zufall, dass wir unsere Toten auf Friedhöfen zur Ruhe legen, die wohl treffender Friedgärten oder Friedparks heißen sollten. Friedhof leitet sich vom althochdeutschen „frithof“ ab, der Bezeichnung für den eingefriedeten Bereich um eine Kirche. Mauern und Zäune um die Friedhöfe sollen die Toten nicht daran hindern aus-, und die Lebenden dort einzubrechen, wie Mark Twain in einem Kalauer augenzwinkernd mutmaßte. Die Umfriedung ist weniger Wall als Zeichen. Friedhöfe mit ihren Gräbern, Bäumen und Mauern erinnern die Lebenden an Psalm 90,12: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“
Friedhöfe sind Gärten der Geschichte eines Dorfes, einer Stadt, einer Region. Das gilt auch für die teilweise sehr schönen Mannheimer Friedhöfe, allen voran den Hauptfriedhof mit seinen alten und neuen Grabanlagen und seinem Bestand an ehrfurchtgebietenden Bäumen. Dort wurde jetzt ein besonderer „Garten der Geschichte“ eingeweiht, in dem Mahnmale wichtiger Mannheimer Persönlichkeiten zusammengeführt, gepflegt und erhalten werden. Alle Male werden von Informationstafeln begleitet, über die man auch zu Online-Informationen gelangen kann. Wie der Leiter der Friedhöfe Mannheim, Andreas Adam, bei der Einweihung hervorhob, geht die Idee zum Garten der Geschichte auf seinen Vorgänger, Wolfgang Schwöbel, zurück. Kompliment und Dank an alle, die mit diesem Garten im großen Park dazu beitragen, wertvolle Erinnerungen Mannheims lebendig zu halten.
WOCHENBLATT Mannheim
27. Juli 2017