Wer spricht, der singt

Noch ämol: Mannem odda Monnem? Dande (Tante) odda Donde? Kannsch odda konnsch? Ranze odda Ronze? Eigentlich ist es einfach: Das schriftliche Alphabet besteht aus starren Zeichen. Ein A ist ein A, ein R ist ein R. Unser Alphabet hat 26 Buchstaben. In unserer schönen Hochsprache, mehr noch in den klangvollen Dialekten gibt es aber tausende von Lauten. Diese akustische Vielfalt kann schriftlich nicht exakt widergegeben werden, selbst wenn wir Dutzende Zeichen dazu erfinden würden.

Lautschriften kommen der Aussprache eines Wortes am nächsten. Viele können aber diese Schriften nicht flüssig lesen oder gar schreiben. Und auch Lautschrift kann nur nachsprechen, wer den Klang des Wortes ungefähr kennt oder Klangerfahrungen in der betreffenden Sprache hat. Sonderschriften ändern nichts daran, dass Sprechen heißt: Zeichen und Laute klanglich interpretieren. Selbst Notenschriften können nur Grundlagen bieten, die durch Auslegung umgesetzt werden müssen. Laute sind dynamisch. Wir können sie dehnen und beschleunigen. Sie können hart und weich klingen, eng und geräumig sein, trocken und saftig. Ein Laut kann andere Laute in ‚Untermiete' nehmen. Beim Sprechen wird der Charakter eines Lautes von den Lauten mitbestimmt, die ihm vorangehen und folgen. Lautierung markiert sozialen Status, Nähen und Distanzen, Stimmungen und Vieles mehr.

A und O etwa können verschmelzen. Ob man diesen Laut optisch mit A oder O darstellt, ist nicht zuletzt eine Frage der Entscheidung. Ich entscheide mich, wo es mir geboten erscheint, für das Zeichen O, um eine bestimmte Klangeigenschaft hervorzuheben. Sch..., ää... und bestimmte Varianten von O sind Schlüssellaute im Monnema Dialekt, die man nicht verstecken sollte. (dazu ein andermal mehr) Das R sprechen manche Dialekte rollend mit der Zunge. Die Mannheimer sprechen ihr R im Rachen – oft ein Laut, für den es definitiv kein Zeichen im Alphabet gibt. Und doch müssen wir es irgendwie darstellen. Oder es erzeugt eine oa-Folge, wie in Woascht un Doascht.

Im Dialekt suche ich nicht den Schutz und die Nähe der Standardsprache. Meine Lust an der Mundart beziehe ich auch aus den melodisch-rhythmischen Kontrasten zu ihr - ohne sie deshalb abzuwerten.

Lautliche Vielfalt finden wir in allen Sprachen und Dialekten. Sie bildet die Grundmusik im Alltag der Menschen. Weil ich Sprache, besonders unsa schääni Monnema Muddaschbrooch, vor allem als musikalisches Ereignis erlebe, plädiere ich für die stärkeren, tieferen, breiteren Varianten, für die weniger an der Standardsprache domestizierten. Wenn’s authentisch sein soll, sollte man den Dialekt auch so schreiben.

WOCHENBLATT Mannheim

13. Juli 2017

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