Achtung und Kooperation
Der Bereitschaft zu wechselseitiger Rücksichtnahme stelle ich eine weitere Tugend vo-ran: die Achtung. Achtung vor Menschen aber auch vor Regeln, vor Pflanzen, Tieren, Landschaften und Dingen (Städten, Gebäuden, öffentlichem Raum, materiellen Res-sourcen) erzeugt Rücksichtnahme und ermöglicht Kooperation. Ich bevorzuge das Wort Achtung vor dem Wort Respekt, weil die Achtung näher an der Würde des Menschen wohnt, Respekt dagegen näher am Begriff Ehre. Die Würde ist eine innere Qualität. Die Achtung vor ihr ist das Herz humaner, demokratischer Zivilisation. Die Ehre dagegen ist nach außen gerichtet, angeheizt durch soziale Kontrolle und Angst. Das Ehren-Gegockel beruht oft auf männlichen Unterlegenheitsängsten. Den Tatbestand ‚Ehren-mord’ gibt es. Ein ‚Würdemord’ ist nicht einmal denkbar. Den Müttern und Vätern des Grundgesetzes sei Dank, heißt es in der Verfassung des Deutschen Volkes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Und nicht: Die Ehre des Macho ist unangreifbar... Die Kultur der Achtung, auch der Selbstachtung, müssen wir leben.
Gesellschaften, in denen opportunistische Einstellungen vorherrschen, sind geprägt von Misstrauen und Vorteilsnahme. Kulturen dieses Musters tun sich schwer mit Solidarität und Kooperation jenseits von Familie, Clan, Stamm. Mangelnde Kooperationsbereit-schaft ist ein wichtiger Grund für das Unvermögen vieler Länder, ihre Probleme zu lö-sen; denn Opportunisten nutzen günstige Gelegenheiten für sich - ohne Rücksicht auf Verluste. Opportunismus ist einer der Väter von Korruption, Gewalt und Krieg.
Die Kultur der Deutschen ist (noch) vorwiegend kooperativ. Die Vereinigung von Ost und West seit 1989 ist - bei allem Lamento - ein Glanzstück kooperativer Kultur. Aber auch bei uns versucht man den Opportunisten herauszukitzeln mit Sprüchen wie „Geiz ist geil!“ und „Ich bin doch nicht blöd!“ - und lasse mir fixe Vorteile entgehen. Dazu kommen beschämende ‚Vorbilder’ in Sport, Wirtschaft, Medien, Politik, Unterhaltung und anderswo. Uffbasse!
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