Billig ist teuer

Sicher kennen Sie den Satz, mit dem die Entwicklungshilfeorganisation TRANSFAIR für fairen Handel wirbt: „Billiger Kaffee macht arm!“ Zuerst reagiert man verdutzt auf den scheinbaren Widerspruch. Dann erkennt man die tiefe Wahrheit dieses Satzes. Und wir können ihn auf andere Lebensmittel, Konsum- und Gebrauchsgüter anwen-den: Billige Milch, billiges Gemüse, Brot und Fleisch machen arm. Billig Fliegen macht arm. Billig Bauen auch. Leicht kann man diese Liste fortsetzen.

Steht uns Deutschen der ferne Nächste näher als der nächste Nächste? Es ist wohl kein Zufall, dass der Groschen am Beispiel eines Importproduktes fiel. Dabei gilt die Einsicht für Erzeugnisse aus unmittelbarer Nähe ebenso. Mit dem Konsummotto „Ich bin doch nicht blöd!“ (...und lasse mir ein ‚Schnäppchen’ entgehen), übervorteilen wir nicht nur Kaffeebauern in Brasilien, Vietnam, Kolumbien, Äthiopien und anderswo, sondern tragen auch zum Bauern- und Handwerkersterben in Europa bei und belas-ten Gesundheit und Umwelt mit vermeidbaren Risiken.

„Billig macht arm!“ Ist das ein ökonomischer oder ein moralischer Satz? Es ist ein ökonomischer und deshalb ein moralischer. Ein kluger Mensch hat gesagt: „Unsere Moral ist das Ergebnis unserer ökonomischen Erfahrungen.“ Es lohnt sich, diesem Satz nachzudenken. Wichtig dabei ist ein tragfähiger Begriff von Ökonomie. Ich emp-fehle unter ‚ökonomisch handeln’ nicht Abzocke zu verstehen, sondern die Pflege der Quellen des Lebens. Das griechische Wort oikonomos bedeutet Haus-Verwalter. Den dürfen wir uns als verantwortungsbewussten Menschen vorstellen, der nicht zu-erst und alleine seinen persönlichen Vorteil im Auge hat, sondern das Wohl des gan-zen Hauses (Familie, Verein, Unternehmen, Stadt, Land, Welt). Er ist der wahre ‚ho-mo oeconomicus’ - das Gegenteil eines Abgreifers.

Unmoralisch handelt, wer anderen absichtlich Nachteile und Schäden zumutet, die er selbst nicht tragen will. Das positive Leitbild ist der Ehrliche Kaufmann. Ihm sollten wir den ehrlichen Konsumenten und ehrlichen Nutzer von Gebrauchsgütern aber auch von Regeln und Informationen beigesellen. Wer seine eigenen Ressourcen nicht auf Kosten Anderer, sondern im produktiven Wechselspiel mit ihnen pflegt und entwickelt, handelt ökonomisch und damit moralisch vernünftig.

Besonders gravierend: auch billige Unterhaltung und geistiger Diebstahl machen arm. Das Selbe gilt für das Fälschen und Unterdrücken von Informationen.

Billig ist teuer? Ja! Wichtigster Beitrag zur Kostendämpfung ist nicht ein möglichst geringer Preis, sondern hohe Qualität. Etwas Nützliches so gut wie möglich machen, zahlt sich aus für alle.

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