Ich hatte gute Lehrer

„Ich hatte schlechte Lehrer. Das war eine gute Schule.“ (Arnfrid Astel) Ein vergleich-barer Aphorismus könnte lauten: „Ich hatte schlimme Eltern. Das war eine gute Er-ziehung.“ Womit sich eine weitere Lebensweisheit erfüllen könnte: „Ich hatte keine glückliche Kindheit. Eine glückliche Kindheit lohnt sich auch nicht.“ (Frank McCourt). Wer aus seiner Klassenlage, seiner Religion, dem Elend seiner Eltern, den Mängeln seiner Lehrer und vielen anderen Benachteiligungen kein Alibi fürs eigene Versagen bastelt, dem kann auch die Hölle zum Besten dienen.

Als Student der Sozialwissenschaften habe ich in den siebziger Jahren einige Zeit im Auftrag der Mannheimer Abendakademie mit jugendlichen Schwerkriminellen im Mannheimer Knast, dem „Café Landes“, gearbeitet. Sie hätten eigentlich nicht in Mannheim einsitzen dürfen. Aber der Jugendknast in Adelsheim war chronisch über-füllt, so dass die Unterbringung von Jugendlichen in Mannheim ein Dauerprovisorium geworden war. Damals schon gab sich der Justizvollzug große Mühe, den jungen Menschen Chancen auf eine gelungene, straffreie Rückkehr in die Gesellschaft zu ermöglichen. Nicht sehr oft waren diese Bemühungen von nachhaltigem Erfolg ge-krönt.

Meine Erfahrung von damals hat sich immer wieder bestätigt: Viele junge Straftäter (wie auch ihre älteren ‚Leidensgenossen’) konnten ihrem tristen Leben nicht ent-kommen, weil sie die Schuld an allem Misslingen konsequent bei den Anderen such-ten: Eltern, Freunden, Lehrern, Polizisten, Richtern, Sozialarbeitern, Vollzugsbeam-ten. Die wichtigste Blockade gegen gelungene Resozialisierung sind nicht ‚Vorurteile’ der Gesellschaft, sondern der Wille der Gestrauchelten, eigenes Verschulden und Versagen zu leugnen, und sich der Mühen emanzipatorischer Persönlichkeitsent-wicklung zu verweigern.

Leider gab es auch damals schon Medien, Pädagogen, Sozialarbeiter und Ehrenamt-liche, die die Gestrauchelten in ihrem Selbstmitleid bestärkten, statt ihnen als Wider-stand zu dienen, an dem sie sich hätten aufrichten und ändern können. Wo Selbst-mitleid und Leugnung der eigenen Verantwortung überwunden werden, stehen die Türen in ein gelingendes Leben weit offen!

Was meine Lehrer angeht: Von der Grundschule über meine Lehre als Autoschlosser bis zu den Universitäten Mannheim und Frankfurt hatte ich sehr viel mehr gute als schlechte Lehrer. Für mich gilt: Ich hatte gute Lehrer. Das war eine gute Schule. Danke!

Zum Schuljahresbeginn wünsche ich diesem Land starke Lehrer, die sich von Eltern, Schülern und Gesellschaft nicht klein machen lassen, auch nicht von Medien, Politi-kern und Komikern, die billigen Beifall suchen.

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