Getümmel im Reich der Knappheit

 

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...und Kleine Fische
Foto: Hans-Peter Schwöbel. San Juan, Puerto Rico.

Zur Zeit lässt sich wieder einmal die irreführende und unproduktive Verwendung der Begriffe „Ökonomie“ und „ökonomisch“ besichtigen. Zu Recht wird beklagt, dass Krankenhäuser und Arztpraxen in Deutschland (nicht erst seit Corona) „am Limit“ arbeiten. Seit Jahren verstärkt sich ein Pflegenotstand durch Abbau von Ressourcen in unseren Gesundheitssystemen. Arztpraxen können nicht nachbesetzt werden. Krankenhäuser werden geschlossen, Personal wandert ab oder wird „abgebaut“. Die Zahl der Betten wird reduziert. Nicht zu vergessen, vielfach mangelnde Prophylaxe = Verschärfung von Knappheit durch Unterlassen. Diese Vorgänge werden regelmäßig mit angeblich ökonomischen Argumenten begründet.


Damit kann ich nicht einverstanden sein. Unter Ökonomie bzw. Wirtschaft verstehe ich das Universum an Wahrnehmungen, Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen im Bezug auf Knappheit. Ökonomisch handelt nur und nur, wer Knappheit nicht verschärft, besser mildert und damit unsere Verfügung über Ressourcen stärkt. (1)

Wer seine Kosten reduziert, indem er sie auf andere ablädt, handelt nicht ökonomisch, sondern politisch. Er überwindet nicht Knappheit, sondern verschiebt Macht- und Kräfteverhältnisse sowie Chancen gesellschaftlicher Teilhabe. In vielen Fällen ist er Vorteilsnehmer und Übers-Ohr-Hauer. Besonders Begabte schaffen es, sich selbst übers Ohr zu hauen.

Das wäre das Gegenteil von Ökonomie. Für nationale wie internationale Beziehungen gilt dies allemal, aber auch für betriebswirtschaftliche Ebenen. Unternehmen, Betriebe, Abteilungen, ebenso wie ICH-AGs und private Haushalte, die ihre Bilanzen zum Nachteil anderer sanieren, indem sie diesen ihre Kosten unterschieben, handeln nicht ökonomisch. Sie verschleiern den Ort, an dem die Kosten tatsächlich entstehen und verhindern so, reale Knappheit zu überwinden oder zu mildern. Ihre Opfer können die entsprechenden Vorgänge oft nicht erkennen und sich so auch nicht dagegen wehren.

Wenn Gesundheitssysteme nicht nur vorübergehend, sondern chronisch überlastet sind, werden Qualitätseinbußen unvermeidlich. Wartezeiten nehmen zu. Zeiten der professionellen und gleichermaßen freundlich-menschlichen Begegnung zwischen Gesundheitskräften und Patienten nehmen ab. Der Hygienestatus sinkt. Patienten sind frustriert, ihre Ängste wachsen. Ihre so lebenswichtigen Begleiter und Begleiterinnen in den Arztpraxen und Kliniken werden ausgelaugt und ausgebrannt.

All dies sind Zustände von Anti-Ökonomie. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Knappheit verschärfen. Wer am falschen Ende spart, verursacht an anderen Stellen Kosten, die das scheinbar Eingesparte in der Regel weit übertreffen. Letztlich zahlen alle Beteiligten und Betroffenen mit Verlust an Lebensqualität, Lebensstandard und Lebenserwartung.

(1) Siehe auch: Humanpotential: Ökologie und Ökonomie. In: Hans-Peter Schwöbel: Vom Fleisch der ewigen Vergänglichkeit. Essays und Plädoyers 1. Verlag der Ostwestfalen-Akademie. 2. durchgesehene Auflage 2021. Seite 75 ff.


Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 04. Dezember 2021

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