Unvollständig wissen

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Corona stößt uns mit der Nase auf eine Tatsache, die den Menschen und die Menschin begleitet seit Adam und Eva: all unser Wahrnehmen, Denken, Verstehen, Analysieren, Handeln und Entscheiden beruht auf unvollständigen Informationen. Immer.

Menschliches Verstehen-Wollen, Verstehen-Müssen aber strebt nach ganzheitlicher Sicht.

Unsere Vorstellungen von der Welt müssen „passen“. Alles andere irritiert und beunruhigt uns. Deshalb füllen wir, was uns an „Fakten“ fehlt, mit Ahnungen, Vermutungen, Analogien, Erfahrungen, Ängsten, Hoffnungen und Projektionen auf. Daran ist nichts zu beklagen - so funktioniert menschliche Wahrnehmung einfach. Zu den Funktionen von Religion und Ideologie aber auch Kunst, Wissenschaft und Alltagsgewohnheiten gehört, die Vorstellungen der Einzelnen und die Kommunikationsmuster zwischen den Menschen so zu stabilisieren und zu synchronisieren, dass wir handlungs- und kommunikationsfähig bleiben.

Unsere Fähigkeit zur Toleranz wird gestärkt, wenn wir uns der Verschränktheiten und Zerbrechlichkeiten unserer Welt-Bilder bewusst sind. Kein Zufall, dass seit vielen Jahren der „linke“ Mainstream besonders tyrannische Intoleranzen aufweist, wie wir sie ansonsten nur noch auf der extremen Rechten finden, nicht aber bei der großen Schar liberaler und konservativer Menschen, den Kindern der Aufklärung. Die „Linken“ haben sich seit Jahrzehnten daran gewöhnt, Recht zu haben, ohne das, was sie für ihr Wissen halten auch nur ansatzweise selbst-kritischer Revision zu unterziehen. Auf alle, die nicht sind wie sie, reagieren sie mit Verfolgungs-Wahn – im doppelten Sinne: wahnhaft fühlen sie sich verfolgt, und sie verfolgen Andersdenkende wahnhaft. Sie wären zu Recht mit „Dunkel-Deutschland“ zu beschreiben. Von ihren Übergriffen gegen den freien Geist können nicht nur Thilo Sarrazin, Imad Karim, Dieter Nuhr und ich ein Lied singen, sondern Tausende, die sich selbstbestimmtes Wahrnehmen und Denken nicht verbieten lassen.

Corona setzt uns nun Fluten von Informationen aus, die dennoch oder gerade deshalb nicht unser Wissen stabilisieren. Im Gegenteil: Je mehr Informationen, umso unsicherer unser Wissen. Wir werden einer Reifeprüfung im Umgang mit Ambivalenzen - psychischen und sozialen Unschärfen und Zerrissenheiten - unterzogen.

Im informationellen Geworfensein dieser Tage sehe ich die emanzipatorische Aufgabe, Ungewissheiten auszuhalten, und sie in geistige und soziale Energien zu verwandeln.

Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 28. März 2020

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Essays und Plädoyers 1
2. Auflage. Borgentreich 2021. 160 Seiten, gebunden, Fotos, Lesebändchen. 25,- €

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Fluchtkulturen

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