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Diese Redensart ist Ihnen wohl vertraut: „Mir geht ein Licht auf.“

Möge uns das neue Jahr aufgehen wie die Sonne. Wie der Mond. Möge es uns aufgehen wie eine Hänge-Kätzchen-Weide. Möge uns das Jahr aufgehen wie ein Licht. Wie die Augen. Besonders kostbar sind Lernprozesse, die dazu führen, Illusionen zu verlieren. Auch wenn’s weh tut.

Regen bringt Segen. Möge uns das Jahr aufgehen, wie ein langer, zärtlicher Regenschauer. Möge uns das neue Jahr und das neue Jahrzehnt aufgehen wie ein Schwarm guter Gedanken und Gefühle, in den Himmel gesät, mit leichter Hand und breitem Wurf.

In den Wochen vor der Jahreswende führen wir die immer gleiche Groteske auf: Inbrünstig beklagen wir Stress und Hektik, die wir selbst herbeiführen. Es scheint, als wüssten wir, dass Stress und Hektik den besten Schutz bieten gegen das, was wir angeblich am liebsten wollen: zur Besinnung kommen. Bloß nicht, sagt was Schlaues in uns – bloß nicht! Was sollen wir mit uns anfangen, wenn wir uns finden, weil wir uns besonnen haben?

Tatsächlich hegen viele Menschen suchtartige Beziehungen zu Stress und Hektik rund ums Jahr. Die Weihnachtszeit bietet eine willkommene Steigerung der Dosis. Dabei spüren wir, dass Überwindung von Stress und Hektik heilsam wäre. Verlangsamung (Neudeutsch: Entschleunigung) unserer Handlungen und Kommunikationsprozesse tun uns in der Seele gut. Und der Welt. Wir müssen nur das Vertrauen gewinnen, dass uns nichts genommen, sondern viel geschenkt wird. Versagen wir den Götzen Hypermobilität, Hyperkommunikation und Hyperflexibilität weitere Menschenopfer. Sie sind Teil einer Verwirrung, die wir ratlos Zeitgeist nennen. Ja, wenn es nur Geist wäre.

Wie beginnen? Ich würde mit verbaler Abrüstung anfangen. Hören wir auf, uns immer wieder aufheizen zu lassen mit Beschleunigungsbeschwörungen, wie diesem ewigen „Starten“. Ein Breitmaul-Wetterfrosch im Fernsehen sagt allen Ernstes: „Die Woche startet mit Regen.“ Die Woche startet? Das Wetter startet? Der Monat startet? Das Jahr startet? Die Welt startet? Wir starten? Das Ende startet...

Richtig wäre, wenn das Breitmaulfröschlein sagen würde: „Die nächste Woche beginnt mit Regen.“ Besser: „Zum Wochenanfang erwarten wir Regen.“

Es sind vor allem die Medien, die Beschleunigung und Stress herbeireden, um sich gleichzeitig darüber zu mokieren. Beides bringt Sendezeit und damit Gelegenheit, Hörer und Seher von Wesentlichem abzulenken.

Die Zeit, mit der wir unsere Kalender füllen und an unseren Uhren ablesen, beruht auf Vorstellungen. Zeit ist Idee. Wie bei allen Ideen kommt es darauf an, wie wir mit ihr umgehen, wie wir sie leben. Jeder Tag ist geeignet, mit dem Starten und Rennen aufzuhören und Anfang zu weben, wie er im Buche steht: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (Joh. 1,1)

Im Anfang – nicht scharf gezogene Linie oder lauter Knall, sondern Raum, der nie aufhört, sich nur dauernd wandelt, wandelnd dauert: Anfang Immerdar. In diesem Sinne wünsche ich uns: Möge uns das neue Jahr aufgehen. Wie die Sonne. Wie der Mond. Wie eine gute Saat.

Der Schwöbel-BLOG am Samstag  04.01.2019

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